20. März 2016
Vergangene Woche wurden wir u.a. auch mit den Schattenseiten
des Lebens in unserer Umgebung konfrontiert. So starb bereits am Sonntagabend
die Frau eines Mitarbeiters aus der Schreinerei, welche ich im letzten Bericht
noch erwähnt habe. Dass der Fall einige Tragik aufwarf, versteht sich von
selbst, wenn der Vater plötzlich mit vier kleinen Kindern alleine dasteht, auch
wenn in der afrikanischen Kultur der Tod doch eher zum Leben gehört. Glücklicherweise
findet sich auch meist jemand aus der Verwandtschaft, der die
Betreuungsaufgaben der Kinder übernimmt. Trotzdem klammern sich im erwähnten
Fall die Kinder sehr an ihren Vater, der sich auch rührend um sie kümmert, was
leider von vielen afrikanischen Männern nicht behauptet werden kann. Allzu
viele alleinstehende Frauen und Mädchen machen diesbezüglich leider negative
Erfahrungen. Woran die besagte junge Mutter letztendlich in so kurzer Zeit
starb weiss niemand und kann auch kaum in Erfahrung gebracht werden. Das
staatliche Gesundheitssystem schreit zum Himmel. So wurde dieser Tage offiziell
bekannt, dass in letzter Zeit im Kinderspital in der Hauptstadt täglich
durchschnittlich 14-18 Kinder sterben aufgrund fehlender Medikamente oder
anderer medizinischer Unterstützung. Aufgeweckt durch diesen Bericht hat sich
die Präsidententochter, die ja bekanntlich als erste weibliche Milliardärin
Afrikas gilt und in ganz Europa Liegenschaften und Aktienanteile an renommierten
Gesellschaften besitzt, als Wohltäterin feiern lassen, indem sie 4 Mio. US$ für
Medikamente und Nahrungsmittel für das besagt Spital zur Verfügung stellte.
Auch zeigte sie sich an der Spitze der Aktion „Stopp Malaria“, die sich dafür
einsetzt, dass der Abfall, in welchem die Stadt fast erstickt, weggeräumt wird.
Sicher ist diese Mühlentfernung positiv zu werten, doch müsste auch für eine
entsprechende Abfallentsorgung, sprich Mühldeponien in der Stadt gesorgt
werden, sonst werden sich die Abfallberge entlang der Strassen in Kürze erneut
türmen. Ergänzend zum Gesundheitssystem bleibt noch zu erwähnen, dass seit
Neuestem auch in den öffentlichen Spitälern alle Operationen bezahlt werden müssen
(dass du gar nicht erst untersucht wirst, wenn du nicht Handschuhe aus der
Apotheke mitbringst, gilt schon seit längerem) – eine kaum realisierbare Option
ohne sich in Schulden zu verstricken, für Menschen, die um das tägliche
Überleben kämpfen.
Dass die staatlichen Einnahmen nicht in den gewünschten
Bahnen verlaufen, hängt nicht nur mit dem gesunkenen Ölpreis zusammen, sondern
auch mit der immensen Verschuldung gegenüber China, welches sich sein Guthaben
in Öl begleichen lässt, so dass angeblich zum jetzigen Zeitpunkt 85% der
Ölförderung ohne Erlös an China geht. Dass der grosse Bruder nicht nur aus
Nächstenliebe in Afrika investiert, sollte allmählich den betroffenen Ländern
einleuchten. Im Übrigen sorgt freilich die Korruption schon dafür, dass die
restlichen Einnahmen in entsprechende Kanäle fliessen.
Zudem ereignete sich diese Woche eines Abends bereits in der
Dunkelheit ein tragischer Unfall von einem ebenfalls in Mapunda stationierten
aktiven jungen Pater. Leider deutete dieser beim Linksabbiegen das Abbremsen
des entgegen kommenden mit drei Jugendlichen besetzten Quadros als Freigabe des
Vortritts, was aber nicht der Tatsache entsprach, so dass letzterer in die
Seite des Autos rammte. Als Graciano gutgläubig anhielt, um die Sache zu
regeln, wurde er von den nur leicht verletzten, wahrscheinlich aber alkoholisierten Jugendlichen attackiert, welche
ihn aus dem Auto reissen und zusammenschlagen wollten. Leider gibt es immer
wieder solche sehr schwerwiegenden Vorfälle, so dass es auch von Seiten der
Polizei toleriert wird, wenn jemand bei einem Unfall „Fahrerflucht“ begeht,
weil er sich bedroht fühlt und gleich zur Polizei weiterfährt oder diese
mindestens kontaktiert. Zum Glück ist es auch unserem Freund gelungen, mit
seinem Auto zu fliehen, doch wurde er von einem zweiten Auto verfolgt, welches
zur gleichen Gruppe der Jugendlichen gehörte. Die Verfolgungsjagd über kaum
befahrbare Wege durch das Viertel endete leider nach einem brüsken Manöver in
einer Hausmauer, in der gleich ein grosses Loch klaffte, da sie nur aus
getrockneten Lehmziegeln bestand, was andererseits glücklicherweise den
Aufprall etwas dämpfte, so dass P. Graciano unverletzt blieb. Da durch den
Vorfall auch die Hausbewohner und Nachbarn aufgeschreckt wurden, liessen die
Verfolger von ihrem Vorhaben ab. Nachdem nach längerer Zeit auch wir von einem
Bekannten avisiert wurden und nach einigem Suchen endlich das Auto gefunden
hatten, trafen wir Graciano anschliessend auf dem Polizeiposten. In der
Zwischenzeit war es bereits 2 h morgens und eine spezielle Erfahrung durch das
nächtliche Lubango zu fahren. Vor allem bei der Notfallaufnahme im Spital,
wohin wir mit der Polizei noch fuhren, weil einer der beteiligten Jugendlichen
seine Platzwunde versorgen liess, standen recht viele Menschen an. Andere, die
wahrscheinlich irgendjemanden hingebracht hatten, schliefen seitlich am
Strassenrand.
Doch haben wir auch Positives zu berichten. So konnte Willi
die Wasserpumpe im Innenhof von Cubal installieren, so dass sie wieder sauberes
Trinkwasser haben. In der Zwischenzeit wurde auch die Tankanlage gereinigt und
das zweite Bohrloch, welches plötzlich verschmutztes Wasser geliefert hatte, ausgepumpt,
so dass auch dieses einer Revision unterzogen werden kann.
Auch habe ich wieder an zwei Tagen in Ernährungs- und
Hygiene-Kursen verschiedene Möglichkeiten zur Aufbereitung von Trinkwasser aufgezeigt sowie Wundsalbe und Seife hergestellt.
Die Menschen (auch Jugendliche) sind immer interessiert an solchen Kursen und
auch für mich sind sie eine Bereicherung.
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