Sonntag, 23. Oktober 2016


23. Oktober 2016

Vergangene Woche wurde das „Verbrennungskind“ Fernando operiert und bereits schaut er wieder fröhlich in die Zukunft. Beim morgigen ersten Verbandswechsel wird sich zeigen, ob er das Spital wieder verlassen darf. Übers ganze Gesicht gestrahlt hat er, als wir ihm bei einem Besuch ein kleines Spielzeugauto und ein Malbuch mit Farbstiften mitgebracht haben. So etwas hätte er sich im „normalen“ Leben nur erträumen können! Beim Abschied fragte der Lausbub denn auch: „Ana Maria kommst du mich wieder besuchen?“ 

Ja, diese gewaltigen Unterschiede zwischen Arm und Reich zehren manchmal schon an den Kräften. So hat auch eine Krankenpflegerin, die sich über unsere Beziehung (als Weisse) zu Fernando erkundigte und daher auch wusste, dass der Eingriff nur mit Unterstützung von Schweizer Freunden möglich gemacht werden konnte erwähnt, dass sie öfters auch Krebspatienten mit Schmerzmitteln wieder nach Hause schicken, da für diese eine Chemo- oder Bestrahlungstherapie nur in Luanda möglich wäre und für sie die Reise dorthin sowie ein Aufenthalt daselbst ausser der finanziellen Möglichkeiten liege. 

Dass wirklich viele Menschen am Rande des Existenzminimums leben, hat mir auch die Aktion am letzten Freitag gezeigt. Mit P. Viktor bin ich an den Fuss eines südlich, etwas ausserhalb der Stadt gelegenen Gebirges gefahren, wo er Hilfsgüter (5 kg Maismehl, 1 Flasche Öl und etwas Seife) durch den zuständigen Evangelisten, der auch eine entsprechende Liste mit sich führte, an Bedürftige verteilen liess. Zu diesen Bedürftigen zählten vor allem alte Witwen, die nicht mehr auf eine intakte Familienstruktur zurückgreifen können, sei als Folge des Krieges oder anderer misslichen Umstände. Diese Menschen können auf keine Unterstützung vom Staat zählen, eine Rente erhalten nur ehemalige Staatsbedienstete. All diese alten Leute sind ungefähr eine knappe Stunde den geröllhaltigen Bergpfad in dünnen Plastikschuhen oder gar barfuss – eine sogar mit einem Klumpfuss – hinuntergestiegen, um diese Gaben entgegen zu nehmen. Die vielen spontanen Umarmungen und die strahlenden Gesichter waren ergreifend. Situationen, die manchmal kaum in Worte zu fassen sind und für Menschen in der Schweiz schwer vorstellbar. Dazu zählen leider auch negative Bereiche, wie der ganze Abfall, in welchem Kinder spielerisch ihre „Errungenschaften/Funde“ hochheben, während ältere Menschen real nach etwas Brauchbarem oder gar Essbarem wühlen. Wenn du dann an ihnen vorbei zum Supermarkt fährst und dort Warteschlangen an der Kasse antriffst, hast du nicht selten Mühe, die Dinge einzuordnen. Ich muss mir dann in Erinnerung rufen, dass letztere nur zu einem Bruchteil der Bevölkerung zählen, was sich dann auch gleich beim nächsten Einkauf in der Bäckerei bestätigt, vor welcher mich zwei schmutzverschmierte Kinder in dreckigen, zerschlissenen Kleidern um Brot anbetteln. 

Ein tolles Erlebnis hatten wir gestern bei einem Schweizer Raclette-Abend bei uns. Nebst dem neu angekommenen Schweizer Ärzte-Ehepaar mit ihren 4 Kindern genossen auch das benachbarte belgische Ehepaar mit ihren 3 Sprösslingen sowie unser kanadischer Freund Steve mit P. Viktor und uns den Abend. Die Kinder unterhielten sich spielerisch in verschiedenen Sprachen miteinander und auch die erwachsenen genossen das Treffen. Wir haben bereits angekündigt, dass bei unsrer Rückkehr im Januar nach Angola Raclette mit in unser Reisegepäck gehören wird, um mit allen zusammen das Neue Jahr zu feiern. Unter Lebensumständen wie hier schätzt man die Zusammengehörigkeit, die auch auf besondere Weise von Zeit zu Zeit gepflegt werden darf.

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