Sonntag, 19. Februar 2017


19. Februar 2017 

In den Tagesnachrichten im Fernsehen/Radio und in der übrigen Presse wird Angola immer als Demokratie bezeichnet. Für uns Europäer ist es allerdings etwas schwierig, ein Land, das seit 38 Jahren vom gleichen Präsidenten regiert wird, unter Demokratie einzuordnen. Kommt noch dazu, dass die weitaus grösste Partei, zu welcher alle massgebenden Politiker gehören und die auch vom Präsidenten präsidiert wird, praktisch den alleinigen Machtanspruch ausübt. Die kleineren Oppositionsparteien stehen auf verlorenem Posten, einerseits weil sie sich nicht zusammenfinden können, andererseits weil es ihnen oft auch an charismatischen Führungskräften fehlt. Nicht zu vergessen ist auch die Tatsache, dass für sämtliche Führungspositionen bis hinunter zum Schulvorsteher eine Mitgliedschaft der Regierungspartei unabdingbar ist.  

Dieses Jahr ist wieder Wahljahr. In einer Volksabstimmung soll der Präsident gewählt werden. Lange Zeit sah es darnach aus, dass der bisherige bestätigt werden sollte; doch seit kurzem hat dieser seinen Rücktritt bekannt gegeben und gleichzeitig den Namen des neuen Kandidaten seiner Partei, eines hohen Militärbeamten. Die übrigen kleinen Parteien haben sich noch nicht geäussert, was ihre Kandidaten betrifft. Doch gilt es jetzt schon als praktisch sicher, dass der Kandidat aus der Regierungspartei die Präsidenten-Nachfolge übernehmen wird. Fact ist nämlich, dass bei der letzten Wahl des Präsidenten, als ein unsicheres Resultat prognostiziert wurde, das Wahlprozedere geändert wurde, indem nicht mehr eine Person direkt gewählt wird, sondern die Stimme einer Partei zugeteilt werden muss. Die Partei mit den meisten Stimmen stellt dann den Präsidenten. Deshalb liegt es auf der Hand, dass die jetzige Regierungspartei mit der weitaus grössten Mitgliederzahl und welche auch Fernsehen/Radio und Presse kontrolliert, die Oberhand hat. Deshalb dreht sich in sämtlichen Nachrichten alles immer nur um diese Partei und ihre Erfolge sowie um deren Kandidaten, der nun auch bereits das Land bereist, um für sich und die Partei zu werben. Das Ganze scheint zu einem abgekarteten Spiel zu degenerieren, was viele Menschen dazu veranlasst, sich nicht um einen Stimmausweis zu bemühen, obwohl die Regierung seit einem halben Jahr dafür Stimmung macht, zum Teil auch mit Geschenken. 

Das galt auch gestern, als der Präsidentschaftskandidat der Regierungspartei sich in unserer Stadt vorstellte. Alle öffentlichen Taxis (blaue Toyota-Buse für den öffentlichen Verkehr) konnten gratis benutzt und ebenso gratis betankt werden, um möglichst viele Leute an den Versammlungsort zu bringen. Auch die Sobas (ehemalige Häuptlinge, die immer noch einen Einfluss auf die ländliche Bevölkerung haben) erhalten dementsprechend Geschenke. Dies alles mit Geld aus der Regierungskasse, worauf die übrigen Parteien kaum Zugriff haben. Da versteht man schlussendlich die Haltung eines Grossteils der Bevölkerung: „wozu wählen?“. All dies wird den offiziellen Wahlbeobachtern wohl kaum zugetragen werden. 

Noch ein kleines Detail: eine Charakteristik, die den Afrikanern im Blut liegt: nie das Gesicht verlieren! und eine für uns oft überhebliche Respektbezeugung gegenüber Obrigkeiten (es könnte ja vielleicht doch etwas für dich herausschauen). So wurden für den erwähnten Besuch trotzt strömenden Regens rasch alle Löcher auf den Strassen der vorhergesehenen Route (und es waren deren viele!) notdürftig geflickt. Wie lange sie halten, ist eine andere Frage – die ersten bröckeln bereits wieder. Ebenso bleibt die Frage, ob der Präsidentschaftskandidat sein Wahlversprechen, mit der Korruption aufzuräumen, auch einhalten kann. Hinzuzufügen bleibt nämlich, dass der jetzige Präsident das Präsidium der Regierungspartei weiterführen wird. Da diese Partei ja vorwiegend die Geschicke des Landes bestimmt, wird seine Machtbefugnis wohl auch nicht ganz aufgehoben. Warten wir’s ab – im August ist Wahltermin. 

P.S. Meinen nächsten blog werde ich wahrscheinlich erst am anderen Montag aufschalten, da wir voraussichtlich über das Wochenende in den Süden fahren. 

N.B. Eigentlich wollte ich einen kleinen Film einer Autofahrt hochladen. Doch unser Internet schafft es einfach nicht. Sorry.

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