7. Januar 2018
Wir sind wieder im Land der Gegensätze, wo Fortschritt und Rückschlag
sich oft die Hand reichen. Man ist erstaunt, wie rasant auch hier die Technik
Einzug hält und Menschen über Facebook die Neuigkeiten ihrer Freunde fast zeitgleich
erfahren, während andere vor der Hütte ein Kohlenfeuer entfachen, um ihren
täglichen Maisbrei zu kochen. Auch in unserem Alltag wechseln sich frohe
Begegnungen und Mut machende Erlebnisse mit eher frustrierenden Tatsachen. So mussten
wir in Luanda erfahren, dass alle offiziellen Büros die Arbeit erst kommende
Woche wieder aufnehmen und wir deshalb, was unsere Visumsverlängerung anbelangt,
unverrichteter Dinge nach Lubango weiterreisten, um von hier die Pässe via
Kurier wieder nach Luanda zu schicken. Da das Risiko einen Pass per Post zu
senden viel zu gross wäre, wählt man dafür den Weg über einen Kurier. Falls du nicht
jemanden Vertrauenswürdigen kennst, der gerade nach Luanda Fährt (1000 km
nördlich), gehst du zum Flughafen und wartest, ob jemand Bekannter auftaucht, dem
du den Pass anvertrauen kannst. Dieser Person gibst du die Natel-Nr. von der
Kontaktperson in der Hautstadt, welcher du ebenfalls die Daten des Kuriers
übermittelst und welche diesen dann am Flughafen in der Hauptstadt erwartet.
Dieser Weg wird oft benutzt und die Tatsache, dass auch Ordensleute, von denen
es hier im Gegensatz zur Schweiz eine Menge gibt, auch oft mal in der
Hauptstadt zu tun haben, hat uns dabei wieder geholfen.
Dafür wurden wir hier wieder aufs herzlichste begrüsst. Man
spürte wirklich eine echte Freude über das Wiedersehen. Freilich wartete auch
gleich eine Menge Arbeit, vor allem auch für Willi. Seit 4 Tagen hatten sie
keinen Strom mehr; die Ursache der Störung musste diesmal aber intern liegen,
da die Umgebung nicht betroffen war. Kaum hatte Willi das Übel, welches in
einem Sicherungskasten steckte behoben, fiel der Strom tatsächlich aus, diesmal
jedoch weil ein Laster in unserer Nähe die Stromkabel, welche bei der
momentanen Wärme halt extrem tief hangen, heruntergerissen hat und dabei gleich
auch den Betonmasten geknickt hatte, was zu einem wirklichen Kabelsalat am
Boden führte. Nachdem sich einen Tag lang nichts rührte, ging unsere bange
Frage dahin, wie lange es wohl dauern würde, bis der Schaden behoben werde.
Doch schöpften wir Hoffnung als P. Faustino, der Verantwortliche unseres
Zentrums, vom Büro der Elektrizitätsversorgung zurückkehrte mit dem Bericht,
dass Leute dort Schlange stünden, um ihre Reklamation zu deponieren.
Tatsächlich scheint sich der Druck gelohnt zu haben, denn seit gestern Abend
haben wir wieder Strom, ob in Zukunft wie gehabt immer nur beschränkte Zeit
wird sich weisen. Natürlich hoffen wir auf eine möglichst gute Abdeckung, denn
auch die Versorgung mit Diesel und Benzin ist nicht gesichert. Die letzten Tage
wuchsen die Schlangen an den Tankstellen für Benzin auf mehrere Kilometer an,
nachdem es nach einigem Unterbruch endlich wieder erhältlich war – und dies im
Land des zweitgrössten Öllieferanten Afrikas!
Dass sich die Menschen öfters zu wehren wagen, zeugt
vielleicht doch auch von etwas mehr Selbstbewusstsein. Allerdings herrscht
diesbezüglich auch ein anderes Klima unter dem neuen Präsidenten. Während
früher alles Negative totgeschwiegen wurde, werden neu täglich Missstände
aufgedeckt und publik gemacht, was natürlich manchmal auch etwas frustrierend
ist. So wollen nun die russischen Ärzte hier im Zentralspital ihren Dienst
quittieren, nachdem sie seit 2 Jahren kein Salär mehr erhielten und ein
normales Arbeiten infolge defekter Geräte und unhaltbarer Infrastruktur (z.B.
seit Monaten nicht mehr funktionierender Lift, aus den Angeln gehobene Türen
etc.) sowie fehlender Medikamente nicht mehr möglich sei. Auch das
Bildungswesen weist unvorstellbare Zustände auf. So fehle ein Schulplatz für 60‘000
Kinder allein Distrikt Benguela, sei es infolge fehlender Schulsäle oder
fehlender Lehrkräfte.
Ein grosser Aufsteller war aber die gelungene Operation vom
Knaben Antonio (er wurde am Tage unserer Abreise in die Schweiz im
Missionsspital der Kanadier operiert). Strahlend begrüsste er mich und öffnete
dabei seinen Mund. Zur Erinnerung: Bei Antonio führte eine Zahninfektion, die
auf das Kiefergelenk übergriff und irgendwann spontan abheilte zu einer totalen
Kiefersperre (er konnte also den Mund überhaupt nicht mehr öffnen). Da Ober-
und Unterkiefer nicht perfekt aufeinander standen, wurde er durch die
entstandene Lücke mit Brei „gefüttert“ – und dies während der letzten 2 Jahre!!
Die Mutter berichtete nun voll Freude, dass er jetzt immer wieder essen möchte.
Aus der Schweiz habe ich ihm auf Empfehlung des Arztes Kaugummi mitgebracht da
er die ersten Wochen immer wieder kauen sollte, damit das Gelenk nicht erneut
verklebt.
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