10. März 2019
Früher gab es in den Kinos vor der eigentlichen
Filmvorführung oft eine sogenannte Wochenrückschau, in welcher wichtige
Ereignisse der vergangenen Tage gezeigt wurden. In meinem Wochenrückblick
möchte für einmal nicht so sehr politische Ereignissen wie beispielsweise dem
Besuch des portugiesischen Präsidenten in Angola Platz einräumen, sondern ganz
einfach einigen Begegnungen der letzten Tage.
Adelia kommt wegen
ihrer Tochter Joaquina, welche Probleme mit den Augen habe. Da kann ich nicht
halfen; sie braucht eine Untersuchung beim Augenarzt, welche wir organisieren.
2 Tage später kommt sie mit dem Rezept für eine Brille, welche die gute Frau
unmöglich finanzieren kann, da sie die 7-köpfige Familie allein durchbringen
muss, da der Mann arbeitslos.
Ana, unsere ältere
Hilfskraft kommt und entschuldigt sich, weil sie gestern nicht zur Arbeit
erschienen ist, da sie an der Beerdigung des kleinen Mädchens ihrer Nichte
teilgenommen habe. Woran denn die Kleine gestorben sei, will ich wissen. Ein
fremder Hund sei nachts in die Hütte eingedrungen und hätte das Kind gebissen.
3 Tage später sei es im Spital gestorben.
Sie hätte da noch ein anderes Problem. Infolge der massiven
Regenfälle der letzten Tage drohe eine Wand ihrer aus Lehmziegeln erbauten
Hütte einzustürzen. Sie hätte bereits Blocksteine gekauft doch für Zement und
die Arbeit reiche das Geld nicht mehr. Ana ist auch die Einzige der
Grossfamilie, die einen kleinen regelmässigen Verdienst nach Hause bringt.
José, unser
Schreinermeister bringt das Rezept für einen Sohn. 2 aufgeführte Medikamente
hat er bereits gekauft, ein drittes rezeptiertes ist jedoch in der Apotheke
nicht erhältlich. Ich kann ihm aushelfen. Doch auch er hat noch ein weiteres
Problem. Sein kleines Transportauto, mit welchem er manchmal auch auswärts
Arbeiten ausführt, läuft nicht mehr. Das benötigte Ersatzteil hat er zwar
gekauft, doch reicht auch ihm das Geld nicht für die Reparaturarbeit, denn er
baut sich ein stabileres Haus und hat zudem noch Kinder, für die er Schulgeld
bezahlen muss.
Emilia, ein
Internatsmädchen der Pastorinhas ist bereits Brillenträgerin. Während der
Schulferien hatte sie entzündete Augen und hat deshalb die Augenklinik in
Benguela aufgesucht. Nach der dortigen Behandlung haben sie ihr zu einer
Kontrolle in Lubango geraten. Diese ergab einen Wechsel der Brillengläser. So
haben wir sie gleich auch mitgenommen, als wir gestern für Joaquina die Brille
gekauft haben.
José, der enge
Mitarbeiter von Willi, hat bereits 2 aufgeweckte Töchter in weiterführenden Schulen.
Beide benötigen Schulbücher, welche sein Budget übersteigen. Wir selbst haben
schon festgestellt, dass man hier für Bücher allgemein mit der Schweiz
vergleichbare Preise bezahlt.
Appolonia ist eine
Marktfrau, die mit dem Verkauf von Gemüse ihre Familie unterhält. Doch sind ja
seit einiger Zeit die freien Verkäufe entlang der Strassen nicht mehr erlaubt.
Einerseits ist dies aus hygienischen Gründen zu begrüssen, andererseits wird
vielen Frauen, die damit ihre Familie über Wasser hielten die Lebensgrundlage
entzogen. Diese Frau hatte allerdings einen gedeckten Bretterverschlag an der
Strasse, welchen die Polizei jedoch abbrechen liess. Seither verkauft sie an
einem kleinen Tischchen, ganz wenige Produkte, mit denen sie jeweils flieht, wenn
sie eine Kontrolle auf sich zukommen sieht (in einem Versteck hat sie
allerdings einige Reserven). Am Freitag hat Willi bei ihr angehalten um Tomaten
zu kaufen. Dabei hat sie ihm geklagt, dass die Polizei kurz zuvor alles, was
sie auf dem Tischchen hatte, beschlagnahmt hat.
Marta, eine junge
Mutter kommt mit einem Rezept für ihre kleine Tochter. Nebst einem
Antibiotika-Sirup, den ich ihr gleich mitgeben konnte, waren ein Spezialschampo
und eine entsprechende Salbe rezeptiert, welches ich beides in einer Apotheke
kaufen konnte. Da ich mir aufgrund des Rezeptes gleich einen Reim auf die
wahrscheinlich mangelnden hygienischen Verhältnisse machen konnte, habe ich die
Frau mit aller Dringlichkeit darüber aufgeklärt, dass sie nach dem Waschen der
Haare auch sämtliches Bettzeug wechseln und die Matratze an die Sonne legen
müsse. Dabei gestand sie, dass sie nur diese eine Decke hätte und kein weiteres
Bettzeug zum Wechseln.
Schön, dass Ihr beim Lesen ein wenig an unserem Leben teilgenommen
habt. Diese Liste könnte wahrscheinlich unendlich weiter geführt werden, wenn
ich an die Sendung denke, die auf einem Sender jeweils ausgestrahlt wird, In
dieser werden Hilferufe von Menschen gezeigt, die allein keinen Ausweg mehr
wissen aus ihrer Not, wie beispielsweise von Familien, die infolge der massiven
Regenfälle und anschliessenden Überschwemmungen ihr ganzes Hab und Gut verloren
haben, da ihre Lehmhütten zusammengestürzt sind oder Mütter, die um die ihrer
Kinder bangen, da sie keinen Zugang zu Trinkwasser haben und der einzige
Spielplatz der Kinder ein Müllhaufen ist, während auch in den Tümpeln der
aufgeweichten Strasse die Mücken prächtig gedeihen.
Nächste Woche werden wir voraussichtlich endlich nach Quinjenje
fahren.
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