Sonntag, 3. November 2019
Heute muss ich mich glaub etwas kurz fassen; es ist ja schon
relativ spät. Tagsüber war einfach so viel los, auch eine Menge Leute, die für
den La Salette Festgottesdienst anreisten. Unter anderem habe ich in den
letzten 2 Tagen auch eine junge Frau verarztet, die als Beifahrerin mit dem
Motorrad gestürzt war und sich dabei grosse Schürfwunden zugezogen hat. Auf
meine Frage, ob sie sich zuhause in einer Krankenstation weiter behandeln
lassen könne, erklärte sie, dass der nächste Sanitätsposten sehr weit entfernt
sei.
Wenigstens haben mich die Jungs – damit meine ich natürlich unsere
Arbeiterequipe, die sich in der Altersstufe unserer eigenen Kinder und darunter
befindet – bei der Zubereitung des Mittagessens unterstützt, indem sie Poulets
auf dem Kohlenfeuer grillierten. Damit komme ich auch zu einem Problem, nämlich
dem Fehlen einer Köchin auf dieser Station, welches den Ursprung in einem
Phänomen hat, welches in Afrika noch immer präsent ist, in dieser Gegend aber
ganz besonders. Es herrscht immer noch eine gewaltige Angst vor Zauberei, resp
dunkler Magie. Sicher entspricht dies leider auch immer wieder der Realität,
doch niemals in dem Ausmass, wie die Menschen sich hier davon beeinflussen lassen.
So kommt es, dass die Patres hier als einzige Mission der la Salette-Stationen
keine Köchin haben, denn die Leute sind der Meinung, wenn jemand als ständige
Hilfe im Patreshaus arbeite, werde die Familie der entsprechenden Person von
negativen Ereignissen heimgesucht. Einzig Flora ist davon ausgenommen. Sie war
eigentlich schon immer hier und schaut jetzt zu den internen Knaben und versorgt
die Wäsche der Patres. In vielen Belangen scheint die Bevölkerung dieser Region
in einem Zeitalter vor 100 Jahren zu leben. Viele von ihnen, die sich nach dem
Krieg hier angesiedelt haben, haben die Kriegsjahre östlich davon in den
Gebieten der Guerillas verbracht, wo es kein Aufmucksen gab. Ich weiss nicht,
ob es daher rührt, dass jegliche Frage einfach mit Ja beantwortet wird, du bist
schliesslich eine Respektsperson und willst ein Ja hören. Spätestens beim 3.
Satz merkst du dann, dass die betreffende Person gar nichts versteht, da sie
kein Portugiesisch spricht, weil sie wahrscheinlich auch keine Schulbildung
genossen hat. Ob dies wohl die Rückständigkeit in vielen Lebensbereichen
erklärt? In unserer sogenannten zivilisierten Welt ist eine solche Lebensweise
kaum vorstellbar. Wer könnte sich schon vorstellen, auf einer Felsplatte
sitzend mit einer Holzkeule Maiskörner zu zerstampfen, auf dem offenen Feuer
den täglichen Maisbrei zu kochen oder am Fluss Wäsche zu waschen oder mit der
Hacke ein Stück Land zu bearbeiten – und dies alles mit einem Kind auf dem
Rücken? Á propos Waschen machte ich eine lustige Erfahrung. Ich war damit
beschäftigt, unsere Arbeitskleider am Wasserhahn im Freien zu waschen, als ich
plötzlich in Gedanken versunken ein Husten hinter mir wahrnahm. Als ich mich
umdrehte, blickte ich in das Gesicht einer Ziege, die sich hinter mir auf einem
Mäuerchen bequem gemacht hatte und mir zuschaute, wie ich den Schmutz aus den
Kleidern auszuwaschen versuchte.
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