Sonntag, 22. Dezember 2013


22. Dez. 2013

Gestern Abend waren wir wieder einmal – wenn auch nur kurze Zeit ohne Strom. Das Kerzenlicht hat mich dann dafür in Weihnachtsstimmung versetzt, ebenso wie der heftige Wind, der abends zuvor um das Haus pfiff, während ich Weihnachtsguetzli in den Ofen schob. Sonst ist hier nicht viel zu spüren vom weihnachtlichen Knistern, wie wir uns dies gewohnt sind. Vor allem hatten wir gestern den längsten Tag mit sommerlichen Temperaturen. Die Differenz zwischen dem längsten und dem kürzesten Tag beträgt allerdings auf unserem Breitengrad lediglich eine gute Stunde, d.h. dass es jetzt erst um ca. 19 h dunkel ist.  

Eigentlich sind wir ja froh, für einmal der Hektik, die leider doch oft diese Zeit in der Schweiz dominiert, entronnen zu sein. Doch mussten wir feststellen, dass der Komerz dieses Festes – wie glaub schon einmal erwähnt - auch in den afrikanischen Städten Einzug gehalten hat. So prangen in allen öffentlichen Gebäuden und grösseren Geschäften künstliche Weihnachtsbäume in den verschiedensten Variationen und im Supermarkt tönte uns jingle bells in nicht ganz angepasster Lautstärke entgegen. Mehr aber noch erstaunte uns die Menschenmenge, die mit überfüllten Einkaufswagen vor den Kassen Schlange stand. Freilich gibt es bereits eine Mittelschicht, die relativ gut verdient. Dazu gehören vor allem Militär und Polizei. Der Grund für diesen Einkaufsrummel zeigte sich an der Kasse, wo die meisten mit Gutscheinen bezahlten. Nach unseren Erkundigungen erfuhren wir, dass die Polizeibeamten – und deren gibt es ja unendlich viele – einen ansehnlichen Betrag in Geschenk-GS als Weihnachtsgratifikation erhielten. Wahrscheinlich ist auch das Militär in diesen Genuss gekommen. Es liegt auf der Hand, dass bei einem solchen Regierungssystem Militär und Polizei gut bei Stange gehalten werden müssen. Alle die noch etwas höher im Machtgefüge stehen, holen sich ihren Anteil selbst. So gehört beispielsweise eine Grosszahl der blauen Toyota-Volkstaxi , die ohne Rücksicht und Einhaltung der Verkehrsregeln wie wild in der Stadt herum kurven, den "Grossen" von Partei und Regierung. Einziger Vorteil dieser Taxis ist, dass du damit schnell von A nach B kommst. Also kurzum, jeder holt für sich, was er kann. Diese Mentalität zeigt sich aber leider oft auch beim einfachen Volk. Allerdings ist es da vielleicht eher verständlich, wenn es an allem fehlt, dass du da mal zuerst für dich schaust. Diese Haltung verhindert jedoch jegliches gemeinsames Vorwärtskommen und wahrscheinlich führt die daraus resultierende Stagnation bei vielen Menschen in die vorhandene Resignation oder auch Lethargie, die alles als gegeben hinnimmt. Auf einem der einheimischen Märkte zeigt sich dies in besonders tristem Ausmass. Wer die Misere daselbst nicht mit eigenen Augen gesehen hat, kann sich kaum vorstellen, in welchem Dreck (besonders nach einem Regenfall) die Frauen den ganzen Tag zwischen den auf Tüchern aufgetürmten Zwiebelhäufchen und den mit Tomaten gefüllten Eimern oder auch eingepfercht zwischen Maismehlsäcken und Trockenfischbergen, ihre Kleinsten an der Brust, auf Kundschaft warten, während Kinder, die bereits auf eigenen Beinen stehen können mit von Rotz triefender Nase und dementsprechend verschmierten Gesichtern im Dreck und Abfall miteinander spielen. Die Frage drängt sich dann auf: Fehlt diesen Menschen die Kraft, aus diesem Dreck aufzustehen oder kann man sich wirklich einfach an solches Elend gewöhnen? In solchen Situationen merk ich dann, dass sich auch bei mir eine gewisse Resignation einzuschleichen droht oder manchmal auch eine Wut, alles einfach als gegeben hinzunehmen oder bestenfalls darauf zu warten, dass es eines Tages besser wird.
 
Dann muss ich mir jeweils die Frauen (und auch einige Männer) in Erinnerung rufen, die mit Begeisterung an Kursen teilnehmen und zusätzliche Weiterbildungen wünschen oder die vielen Menschen auf dem Land, die noch nie etwas von Weihnachtsgeschenken gehört, geschweige denn gesehen und trotzdem ihre Fröhlichkeit nicht verloren haben. Sie bestärken mich dann wieder in meiner Arbeit. Wahrscheinlich können diese Menschen den Sinn von Weihnachten eher erfassen als die vielen, die in den Bairos vor dem Fernseher sitzen und konsumieren, wie Weihnachten mit Champagner und Geschenken für die ganze Familie gefeiert werden soll. Zusammen mit den ersteren wünschen auch wir Euch allen ein friedliches, gesegnetes Weihnachtsfest. Wir sind in Gedanken mit Euch verbunden.

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