3. März 2014
Wenn du 8 Stunden im Auto gesessen, mehrere Hundert
Kilometer zurückgelegt hast und dies nachdem du am Vortag bereits 350 km
gefahren bist und im Wissen, dass du trotzdem erst einen Bruchteil von Angola
durchquert hast, bekommst du wieder eine Ahnung von der Weite dieses Landes.
Die Reise führte uns nach N’harêa, ziemlich ins Zentrum von Angola zur
feierlichen Übernahme einer Missionsstation, die seit 1975 verwaist war,
nachdem die französischen Patres das Land wegen der Kriegswirren verlassen
hatten. Umso grösser war die Freude der Bevölkerung, die sie in Tänzen und
Gesängen ausdrückten, so wie auch in den Gaben, die während des
Festgottesdienstes bei strahlendem Wetter unter freiem Himmel singend und
tanzend zum Altar gebracht wurden. Darunter fand sich so ziemlich alles, was
zum Leben gebraucht wird, angefangen von Lebensmittel über Haushaltgegenstände
(vor allem Putzmaterial) bis hin zum lebenden Huhn und einer meckernden Ziege,
die von zwei Pfadfindern gebracht wurde.
Auch das Wiedersehen mit dem Bischof, der uns von früher
kannte, war recht herzlich und er erwähnte in seiner Predigt unter den
anwesenden Gästen auch Willi, mit dem er den ersten Flug in seinem Leben
(damals noch als Student) erlebt habe.
Dass auf dieser Station Vieles noch zum Argen bestellt ist,
zeigt sich in der Infrastruktur wie z.B dem fehlenden fliessenden Wasser und
den notdürftig eingerichteten sanitären Einrichtungen, ganz geschweige von den
elektrischen Installationen, die aus einigen an elektrischen Kabeln
aufgehängten und von einem kleinen Generator betriebenen Glühbirnen bestehen
und bei deren Anblick jeden Elektriker das Grauen erfasst.
Der vielen Gäste wegen wurden wir mit weiteren Anwesenden in
einem Condominho untergebracht. Condominhos sind meist von den Chinesen praktisch
aus dem Boden gestampfte eingezäunte Reihenhaussiedlungen, die auf den ersten
Blick sehr gepflegt aussehen. Unsere besagte Unterkunft, von der örtlichen
Administration als Gästehaus benutzt und zur Verfügung gestellt, war deshalb
möbiliert und verdient für hiesige Verhältnisse mit 4 Schlafzimmern mit je
einem zugehörigen Duschraum und gemeinsamen Aufenthaltsraum und Küche fast das
Label einer Villa. Allerdings verschlug uns die Möbilierung mit aus China
importierten überdimensionierten und mit Pseudo-Schnitzereien verzierten
Betten, Schränken, Kommoden und Polstern fast den Atem. Empfehlenswert war
lediglich, keine Schranktüre zu öffnen, damit sie nicht aus den Angeln fiel.
Auch die sanitären Einrichtungen erwiesen sich bei Gebrauch einer Villa nicht
ganz würdig, drehte sich doch der Wasserhahn beim Öffnen gleich mit und die
WC-Spülung konntest du vergessen. Auch hielten die Fenster einer genaueren
Betrachtung nicht stand, waren sie doch schlecht eingesetzt und unterhalb hatte
sich bereits Schimmel angesetzt – und dies nach zwei Regenzeiten und all das
wohl vermerkt in einem neuen Haus, für dessen Verkauf du ein Vermögen zahlen
würdest! Der Zustand dieses Hauses dürfte aber, wie wir aus anderen Berichten wissen,
dem Standard der meisten Condominhos entsprechen.
Als wir am nächsten Morgen zudem noch auswärts auf
Wassersuche gehen mussten, um uns nicht verschwitzt in Festtagskleidung zu
stürzen und auch der Strom ausfiel, entschlossen wir uns, gleich nach den
Festlichkeiten ins ca. 160 km entfernte Kuito zu fahren, wo wir uns mit
Marianne, einer Kollegin aus Deutschland verabredet hatten, die seit 4 Jahren
ein Projekt von anamed zur Verbreitung der Naturmedizin leitet. Nach
interessanten Gesprächen am Abend, führte sie uns heute Morgen durch ihren
Arbeitsbereich, wo Salben, Hustensirups, Tee’s aus einheimischen Kräutern
mittels einfachen Methoden hergestellt werden. Diese Techniken vermittelt sie
in Kursen auch an einfache einheimische Bevölkerungsgruppen. Inzwischen ist ihr
Projekt soweit etabliert, dass es im nächsten Juni bei Auslaufen ihres
Vertragens in einheimische Hände übergeben werden kann. Zum Glück kommt sie
vorher noch in die Nähe von Lubango, wo ich selber an einem ihrer Kurse
teilnehmen kann.
Bei den Gesprächen am Abend fand sich noch ein befreundeter
Pastor von Marianne ein, der uns u.a. auch einen kleinen Einblick in die
Geschichte der Stadt Kuito gab, die während des Krieges über lange Zeit hart
umkämpft war; deren Zentrum sich heute jedoch recht herausgeputzt präsentiert.
Freilich fehlen auch hier die Bairos mitsamt dem Abfallproblem nicht. Doch war
es die erste Stadt, in der wir funktionierende Ampeln angetroffen haben – und
erst noch solarbetrieben! Tragisch ist die Tatsache, dass nach Kriegsende
gleich am Rande der Stadt ein Friedhof angelegt wurde mit 7000! nummerierten
Grabstätten, in denen alle Kriegsopfer, die während des Krieges in den Gärten und
freien Räumen der Stadt begraben wurden, beigesetzt wurden.
Heute übernachten wir nochmals in Cubal, um dann morgen nach
Lubango zurückzukehren. Wenn Internetzugang möglich ist, schalte ich den Bericht
gleich noch auf, andernfalls wird es halt etwas dauern.
Wie Ihr aus dem Datum sieht, ist es bereits Dienstag
geworden. Wir sind heute abend nach insgesamt 1700 km mit vielen Eindrücken im
Gepäck wieder heil in Mapunda angekommen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.