Sonntag, 13. Juli 2014


13. Juli 2014 

Sitze an der Sonne, während Ihr laut Internet vom Regen fast weggeschwemmt werdet. Hoffen für Euch, dass der Sommer doch auch in Euren Breiten noch Einzug hält. Bei uns steigen die Temperaturen auch allmählich wieder an. 

Leider sind wir immer noch ohne Auto, d.h. ausser dem alten Patrol, der sich gerade für einen Einkauf in der Stadt eignet, sonst aber nur reduziert einsetzbar ist. Dies macht eine Planung für unsere nächsten Einsätze etwas schwierig, was aber wahrscheinlich mehr unser Problem ist, als das es andere stört; denn was Planung, Vorausschau und Zusammenhänge erkennen anbelangt, damit stehen die meisten hier noch auf Kriegsfuss. Dem muss man zu Gute halten, dass viele Menschen dem Frieden immer noch nicht ganz trauen, wahrscheinlich auf der Erfahrung von 1992 basierend, wo der Krieg nach kurzem Unterbruch mit verstärkter Brutalität bis 2002 weiterdauerte. So leben vor allem im Landesinnern noch viele wie vor 50 Jahren, während aber andernorts die Modernisierung ohne Rücksicht auf Verlust in übereiltem Tempo voranschreitet. Diese Diskrepanz ist mir auch diese Woche wieder extrem aufgefallen. So entsteht von unser her kommend am Stadteingang ein riesiger Vergnügungs- resp. Sportpark. Die gross angelegten Rasenflächen und die vielen „ausgewachsenen“ Palmen, die daselbst eingepflanzt wurden, benötigen eine Unmenge an Wasser, während im angrenzenden Bairo dasselbe nur in ungenügender Menge vorhanden ist. Ebenso dürfte die grosszügige Beleuchtung einiges an Elektrizität verschlingen, während die Stromzufuhr im nahe gelegenen Bairo seit 3 Monaten wegen eines Defekts unterbrochen ist – abgesehen von den Investitionskosten für dieses Projekt. Wahrscheinlich wird es sich auch nicht bloss um ein Gerücht handeln, dass die Tochter des Präsidenten ein mehrere Quadratkilometer umfassendes, in einer idyllisch gelegenen Gegend westlich von uns gekauft habe. Jedenfalls seien einige Bewohner schon umgesiedelt worden. Andererseits ist Tarcisio gestern für einen Sonntagsgottesdienst mit P. Graciano in ein Dorf im Landesinnern gefahren, das zwar nur gute 60 km von uns entfernt liegt, jedoch nur über eine kaum noch befahrbare Strasse zu erreichen ist, so dass Tarcisio meinte, es sei unzumutbar, diesen Weg gleichentags nochmals zurückzulegen. Diesen Unterschieden begegnet man überall im Land, selbst in der Stadt. Während die Hauptachsen immer mehr von neuen Bauten gesäumt werden und sich sauber präsentieren, ersticken die Menschen zwei Seitenstrassen weiter fast im Mühl oder waten während der Regenzeit in knöcheltiefem Schlamm. Es ist nicht immer gleich einfach, zwischendrin zu stehen, vor allem auch dann, wenn nach unserer Meinung die Menschen mehr zusammen stehen und sich gegen Missstände wehren müssten; freilich ist dies einfacher gesagt als getan. So wurden bis jetzt auch die Forderungen der Lehrer nicht erfüllt, im Gegenteil wurde ihnen mitgeteilt, dass ihr Gehalt für den Monat Juni nicht ausbezahlt werde, da sie ja infolge des Streiks nicht gearbeitet hätten. Trotzdem werden sie jetzt Morgen den Unterricht wieder aufnehmen, doch der nächste Ausstand ist schon vorprogrammiert. 

Für mich heisst, dies, dass ich nun auch einen besseren Stundenplan für die Nähkurse einführen kann, denn jetzt wollten alle gleichzeitig die Türe einrennen. Vor allem die Jungs sind kaum zu stoppen in ihrer Begeisterung, so haben denn auch einige vom gegenüberliegenden kleinen Internat zwischendurch aus zerschliessenen Frottétüchern Topflappen genäht, damit sie ihre Finger an den heissen Pfannen, die ja oft keine Henkel mehr haben, nicht mehr verbrennen. Zu sagen ist, dass alle Internatsschüler ihren täglichen Maisbrei und die Trockenbohnen, also ihre üblichen Mahlzeiten selbst zubereiten müssen (stelle man sich dies mal in der Schweiz vor!!) Nicht vergessen  zu erwähnen möchte ich das schöne Regal das Willi für unser Unterrichtszimmer angefertigt hat, so dass wir unsre Utensilien und begonnenen Arbeiten übersichtlich verstauen können.

Gefreut haben mich auch die Unterrichts-Nachmittage mit den Postulantinnen eines nahe gelegenen Klosters. Da viele von ihnen später im Lehrberuf oder teilweise auch in der Pastoral tätig sein werden, erhoffe ich mir einen Multiplikationseffekt in der Frauenbildung.

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