Sonntag, 31. August 2014


31. August 2014

Die Gegend um Malongo fasziniert uns immer wieder aufs Neue. Ihr Bild ist geprägt von vielen Affenbrotbäumen und anderen knorrigen Baumgesellen, die kraftstrotzend im Boden verankert sind, während das feine Geäst der Baumkronen sich majestätisch im stahlblauen Himmel abzeichnet. Durch die hügelige Gegend mit Fels- und beinahe architektonisch künstlerischen Steinformationen schlängelt sich die staubige Strasse, die den Blick auf die für Afrika typische rote Erde freilegt. Dazwischen leuchten einige Farbtupfer von immergrünen Bäumen und trotz Trockenzeit farbig blühender Sträucher. Das Ganze wird umrahmt von hohen Gebirgszügen. Auf der Station selbst weckt uns das Gezwitscher der Vögel oder das Meckern der Ziegen. Auch hat uns eine Affenherde einmal besucht. Nicht zu vergessen in der Gegend sind freilich die vereinzelten Hüttensiedlungen, die in der Trockenzeit infolge fehlenden Laubes von der Strasse her besser ersichtlich sind. Oft stehen zur Zeit an den Hütten angelehnt grosse Bündel trockenen Buschgrases, das jetzt kurz vor der nächsten Regenzeit zum erneuten Decken der Hütten dienen wird. 

Doch die Idylle trügt. Bereits sind schwere Bulldozer und moderne Stassenbau-Maschinen aufgefahren, die innerhalb der letzten zwei Wochen viele Kilometer der Strasse planiert und die Strasse selbst beidseits verbreitert haben, wobei auch die Baumriesen nicht verschont blieben. Die ganze Aktion dürfte darauf zurückzuführen sein, dass in der Gegend eine Fazenda einer „Grauen Eminenz“ liegt. Das Bild der modernen Maschinen, direkt vor der Hütte einer Familie zeigt uns erneut die Gegensätze, die immer deutlicher auch im Landesinnern aufeinander prallen: Einerseits die Reichen, die sich alles leisten können (auch eine asphaltierte Strasse in Auftrag zu geben) und andererseits die Armut der Menschen, die wie in alten Zeiten noch in strohbedeckten Hütten leben und deren Mahlzeiten sich täglich gleichen; Maisbrei und Bohnen, Bohnen und Maisbrei. Ebenso schlimm jedoch ist die Armut in der Bildung. So sind wir in Malongo immer wieder an Grenzen gestossen mit unserem Portugiesisch, so auch während der wenigen Kurstage in der Frauen- und Mädchenarbeit, die ich zwischen unsere Renovationsarbeiten eingeschoben habe. Selbst den Internatsmädchen musste ich Dinge mehrmals bildlich erklären, obwohl sie doch die Schule besuchen, untereinander sprechen sie aber nur Mbundu. Es ist aber jedes Mal ergreifend, wie die Kursteilnehmerinnen am Ende eines Kurses ihre Dankbarkeit spontan in Gesang und Freude ausdrücken. 

Unsere Renovationsarbeiten wurden auch immer wieder unterbrochen, sei es dass erwartete Arbeiter nicht erschienen oder etwas rundum verkehrt angingen oder dass Willi auf etwas stiess, an dem der Zahn der Zeit zu tiefe Spuren hinterlassen hatte und welches deshalb ersetzt werden musste, obwohl wir das optimale Ersatzteil nicht bei uns hatten oder dass die Masse an den neuen Geräten wie beispielsweise Abflussrohe von sanitären Utensilien nicht korrespondierten mit den alten, im Boden verlegten, noch funktionierenden Abwasserrohren. Willi hätte in der Zwischenzeit ein Diplom als Improvisator verdient, wohlverstanden für Improvisationen nach Schweizer Art, die halten, was sie versprechen und nicht „Made in Africa“, wo vieles mit Streifen von Autoschläuchen umwickelt ist und das Wasser daneben herausrinnt oder sämtliche Elektrodrähte auf eine Weise verkabelt sind, bei deren Anblick viele Schweizer Elektriker vom Schlag getroffen würden. Kürzlich haben wir jedoch im Fernsehen gesehen, dass in Luanda eine neue Handwerker-Berufsschule eröffnet wurde und auch in unserer Gegend gibt’s bereits etwas Ähnliches, geleitet von einem Schweizer (franz.) Ehepaar. Also doch auch immer wieder Lichtblicke. Auch den beiden Maurer und dem Schreiner, die wir für wenige Tage von Mapunda mitgenommen haben, muss ich ein Kränzchen winden. Über deren Arbeit haben auch die Leute vor Ort gestaunt. 

Vergangene Woche wurde während einiger Tage der 72. Geburtstag des Präsidenten pompös gefeiert, wobei dieser immer wieder als Architekt und Vater des Friedens geehrt wurde. Sicher schätzt es das Volk, dass kein Krieg mehr herrscht. Ob allerdings das Fehlen von Kriegswirren identisch ist mit Frieden? Leider nimmt ein grosser Teil der in Armut lebenden Menschen ihre Situation als gegeben hin, sei es aus Unwissenheit, fehlender Initiative oder weil eben zu viele Steine einen besseren Weg versperren. Hinzu kommt, dass die Frauen, die einer Verbesserung der Lebenssituation doch eher positiv gegenüber stünden, mehrheitlich noch im zweiten Glied stehen und viele von ihnen, auch wegen des Krieges, ohne Schulbildung sind, was eine positive Entwicklung beeinträchtigt.  

Für uns heisst es, nächste Woche nochmals nach Malongo aufbrechen, um das Allernötigste zu Ende zu führen; wir fühlen uns ja schon richtig zu Hause dort im Schatten der riesigen Mangobäume ums Haus. Vielleicht werden wir den Weg diesmal ohne Plattfuss schaffen, sind wir doch mit zwei defekten Rädern im Laderaum hier angekommen. Ein bisschen Spannung darf ja sein.

N.B. In der dropbox hat’s einige Eindrücke von Malongo

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