Sonntag, 19. November 2017


19. November 2017 

Die vergangene Woche wurden wir täglich um 5.40 von den ersten Sonnenstrahlen geweckt. Doch heute gaukelte uns ein bedeckter Himmel und ein feiner Nieselregen eine falsche Uhrzeit vor, so dass wir beinahe das Frühstück verpassten. Auch die Temperatur mit 16° versetzte uns eher in nördliche Gefilde. Wie Ihr seht, zeigen sich auch hier bisher wenig bekannte Wetterkapriolen.  

Kapriolen auf dem politischen Parkett zeigten sich ebenfalls diese Woche. So waren alle überrascht als der Präsident den gesamten Verwaltungsrat von Sonangol, des grössten Ölkonzerns samt seiner Präsidentin in die Wüste schickte. Bemerkenswert in dieser Angelegenheit ist die Tatsache, dass die Präsidentin keine geringere war als die Tochter des ehemaligen Präsidenten, welcher diese eigenmächtig vor gut einem Jahr eingesetzt hat. Aber auch dem Direktor eines grossen Spitals in Luanda, welcher zusätzlich als oberster Inspektor aller Spitäler und Sanitätsposten der Hauptstadt fungierte, erging es nicht anders. Auch in unserer Stadt scheint sich der Respekt vor dem neuen Präsidenten zu manifestieren. Hatte ich doch im letzten Blog noch Zweifel angedeutet, ob wohl die Maschinen für den Strassenbau nach Abreise des Präsidenten wieder abgezogen werden, müssen wir feststellen, dass das Projekt Strassensanierungen die ganze Stadt zu umfassen scheint, wie es wenigstens auf grossen Plakaten vorgestellt wird, detailliert mit Bauherrschaft und Kosten. Und in der Tat, wir haben noch nie so viele Strassenarbeiter in Aktion gesehen. Irgendwie scheint auch unser Gouverneur zu spüren, dass die Lage ernst gilt, will nicht auch er eines Tages in „Ferien“ gehen. Vielleicht zeigt sich doch wieder ein kleiner Hoffnungsschimmer für Angola, wie auch für andere Regionen in Afrika, wenn wir an die Vorkommnisse in Simbabwe der letzten Woche denken.                                                                      

Nochmals zurück zu den Veränderungen im Ölkonzern. Der offizielle Fernsehsender gewährte der suspendierten Präsidentin ein Interview in den Nachrichten, in welchem sie Stellung zur Situation der Sonangol nehmen konnte. Vorauszuschicken ist, dass diese Frau sehr gut ausgebildet (Russland und England), äusserst versiert und sehr ausdrucksstark ist. Nach ihren Aussagen trat sie das Präsidium an mit einer Schuldenlast des Konzerns von 13 Milliarden $, welche sie in 1 Jahr auf 7 Milliarden $ reduzieren konnte, indem sie zuerst eine finanzielle und in der Folge eine personelle Analyse erstellen liess und daraus die entsprechenden Umstrukturierungen veranlasste. Um daraus nur ein kleines Detail zu zitieren: der Konzern beschäftigte 29 Direktoren!! Es zeigt dies eine Machenschaft, die leider überall praktiziert wird. Jeder der mit einem „Höheren“ gut Freund oder Vetter ist, kommt leicht zu einem Posten, der ihm ein gutes Einkommen garantiert ohne gross einen Finger zu rühren. Wir haben diese Tatsache oft auch hier in offiziellen Büros angetroffen, wo drei Personen mit einem Bleistift herumspielten oder am Fenster zusammenstanden, während eine Vierte unser Anliegen entgegen nahm. Eigentlich würde das oben erwähnte Vorgehen ja für die betreffende Präsidentin sprechen, doch muss sich da noch Einiges hinter den Kulissen abgespielt haben, das uns vorenthalten bleibt und vor allem hat sie die finanzielle Sanierung auch auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen, indem die Öllieferungen für das Volk drastisch reduziert wurden und ganze Regionen über Tage oder Woche ohne Strom blieben. Zudem geniesst sie in der Bevölkerung natürlich auch nicht das nötige Vertrauen, gilt sie doch offiziell als die erste Milliardärin Afrikas und besitzt Liegenschaften überall in der Welt, während ihre Heimat immer mehr in die Misere stürzt.  

Hier haben diese Woche zum Teil schon die grossen Schulferien (Klassenübertritt) begonnen, die bis zum Februar dauern. So verbringt Fernando den ganzen Tag hier und kurvt mit seinem Velo, das wir ihm im Container mitgebracht haben, um unsere Station. Aber auch die beiden grösseren Grosskinder von Juliana geniessen es, hier zu herum zu tummeln. Oft zeichnen und malen sie aber auch bei mir im Nähatelier, was sie zuhause ja nie können oder spielen Domino, das einzige Spiel, das ich gerade zur Verfügung habe. Ich muss dringend einige Spiele mitnehmen, denn so was kennen sie nicht wie auch einige Bilderbücher.
 
haben zum ersten Mal ein Bilderbuch in der Hand
 
 

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