Sonntag, 12. November 2017
11. November- Unabhängigkeitstag – grosse Zeremonien –
Gedenken an 42 Jahre Unabhängigkeit von Portugal. Doch wird der Tag bereits
nicht mehr mit so viel Respekt begannen wie noch vor einigen Jahren. Viele
Geschäfte haben geöffnet und sogar die Bauarbeiter an der Strasse, welche ihre
Arbeit, auch wenn im Auftrag einer privaten Firma, doch letztendlich für den
Staat verrichten, waren im Einsatz. Was hat sich seit 1975, also seit der
Unabhängigkeit, verändert? 28 Jahre Krieg und seit 15 Jahren Wiederaufbau und
Niedergang. Denn obwohl Tausende von Schulhäusern und Hunderte von regionalen Spitälern
und Sanitätsposten errichtet wurden, versinkt das Land im Elend, denn
Schulhäuser ohne entsprechende Ausbildung von Lehrkräften führen ebenso wenig
zum Erfolg wie Spitäler ohne gut ausgebildetes Fachpersonal und ohne
Medikamente. All dies läuft unter dem Deckmantel einer kaum vorstellbaren
Korruption. Zu denken gibt dabei die Tatsache, dass alle Jugendlichen und
jüngeren Erwachsenen nie etwas anderes kennen gelernt haben und man ein
ungläubiges Kopfschütteln erntet, wenn man von früheren Zeiten erzählt, wo das
Abschliessen des Autos nicht dringend nötig war oder Lubango als schmuckes
Vorzeigestädtchen von Angola galt, während es heute im Müll versinkt. Die durch
die grosse Korruption entstandene Zweischichten-Gesellschaft mit einem massiv
überwiegenden Teil von Armen fördert logischerweise auch die Kriminalität und
das Misstrauen der Bevölkerung untereinander, was ein zusätzliches Konfliktpotential
mit sich bringt.
Was sich, wie schon in einem der letzten blogs erwähnt, mit
dem neuen Präsidenten geändert hat, ist die Lockerung der Pressefreiheit.
Täglich werden nun in den Nachrichten Missstände aufgedeckt, z.B.: 5 Todesfälle
nach Sectio innerhalb der letzten 10 Tage in einem Spital im Norden oder
Bewohner einer kleinen Stadt seit 2 Monaten ohne Elektrizität, Schliessung der
Zementfabrik wegen Treibstoffmangel, 1000 Arbeitsplätze verloren, viele
Meldungen über Spitäler ohne Medikamente, kein Impfstoff, seit 2 Jahren keine
Lohnzahlungen, seit 3 Jahren vergebliches Warten auf Trinkwasser. Spital in
kritischem baulichem Zustand, bei Regen müssen Laborgeräte abgedeckt werden, in
den Krankenzimmern und im OP bröckelt der feuchte Gips von Decke und Wänden,
Wohnungsnot in einem Viertel in Luanda, 2 Familien mit Kindern müssen sich zwei
Zimmer und eine Küche teilen etc. etc. Die Liste kennt kein Ende. So haben wir
auch erfahren, dass südöstlich unserer Stadt eine neue Pediatrie und Maternité
im Bau sind, die Bauarbeiten jedoch seit 3 Jahren eingestellt sind, weil die
Finanzierung „Umwege“ gefunden hat, wie dies hier so schön formuliert wird. Ein
Arbeiter hat es einmal so ausgedrückt: Die Hosentaschen der „Grossen“ reichen
bis zu den Knöcheln. Die andere Seite der Medaille ist die Tatsache, dass hinter
allem, was noch einigermassen funktioniert, sei es eine Firma, eine
Institution, ein Hotelkomplex oder eine Privatschule, selbst ein privates
Spital, ein einflussreicher Beamter oder General steckt, welcher damit sein
Geld wäscht und sich mit der Rendite noch mehr bereichert. Freilich muss ich
gestehen, dass wir auch schon von diesen Machenschaften profitiert haben z. B.
in der Suche nach einem Ersatzteil oder wie vergangene Woche als Willi dringend
eine Laboruntersuchung benötigte, für welche das Missionsspital keine
Reagenzien mehr vorrätig hatte. In einem neuen modern eingerichteten Labor
konnte der Untersuch durchgeführt werden. Was allerdings die Qualität der
kubanischen Ärzte betrifft, von denen es doch viele im Land gibt, darüber lässt
sich streiten. In solchen Fällen sind wir froh, dass wir uns auf die
kanadischen Ärzte oder unseren Schweizer Freund Dr. Ralph verlassen können.
Was ich noch nachtragen möchte, ist der weitere Verlauf der
beiden gelähmten Patienten von der Missionsstation Kola. Leider gibt es da nur
schlechte Resultate. Der 31-jährige Mann, der seit 2 Jahren an zunehmender
Bewegungsunfähigkeit leidet, hat keine Aussicht auf Heilung. Beim 7 jährigen
Mädchen, welches seit 1 Jahr nicht mehr gehen kann wurde eine Tuberkulose
diagnostiziert, welche zur Fraktur der Brustwirbelsäule mit Verletzung der
Nerven geführt hat, was natürlich einer Querschnittlähmung gleich kommt. Für
sie können wir nur um einen Rollstuhl in der Schweiz bitten, um ihr wenigstens
ein bisschen Mobilität zu verschaffen.
Zum Schluss noch eine ganz positive Nachricht. Anscheinend
wird die kürzere Verbindungsstrasse von uns zum Zentrum der Stadt, die
zeitweise kaum mehr befahrbar war, asphaltiert. Jedenfalls wurde sie schon
planiert und sämtliche Maschinen sind aufgefahren. Ist nur zu hoffen, dass
letztere nach dem Besuch des Präsidenten nicht wieder abgezogen werden, wie
dies andernorts auch schon der Fall.
Die letzten Bilder sind Renovierungsarbeiten von Willi
neuer Platz, der noch überdacht werden soll für Feste |
das "Verbrennungskind" Fernando mit seinem kleinen Bruder Moises |
Adressia Cleopatra in ihrem Buggy vom Kinderspital Zürich |
die viel zu kleine Küche im Bildungszentrum |
bedarf wirklich einer dringenden Renovation und Vergrösserung |
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