19. August 2018
Würde ein Schweizertourist mit mir in die Stadt fahren,
würde er wahrscheinlich öfters seine Fotokamera zücken, um Situationen festzuhalten,
von denen ich merke, dass sie für uns bereits alltäglich geworden sind. Doch
zur Selbstverständlichkeit zählt es trotzdem auch für uns nicht, wenn die Fahrt
an Abfallablagerungen oder gar ganzen Müllhaufen vorbeiführt, in denen Kinder
und zerlumpte Gestalten nach Plastikflaschen oder eventuell etwas Brauchbarem
wühlen. Ebenso gehören die vielen meist jugendlichen Strassenverkäufer, die
WC-Paper, Papierservietten, Besen, Ladekabel für Handys und Verschiedenes mehr
zum Verkauf anpreisen, wie auch die Marktfrauen, die auf dem Trottoir oder am
Strassenrand sitzend die schön aufgetürmten Häufchen von Orangen und Tomaten
und dgl. anbieten, während sie das Kleinkind stillen zum Strassenbild. Beeindruckend
für den Touristen wären sicher auch die grazil sich bewegenden Frauen, die ihr
oft riesiges Bagage auf dem Kopf balancieren, sogar ganze „Stockwerke“ von
Eierkartons.
Alle versuchen auf ihre Weise über die Runden zu kommen, vor
allem die Frauen, die oft die alleinige Verantwortung für die Familie tragen.
Dabei überlege ich mir: Haben sich diese Menschen so sehr an ihren Alltag
gewöhnt wie wir an den unsrigen, wenn wir ohne Gedankenverschwendung den
Wasserhahn aufdrehen, den Lichtschalter betätigen oder uns unter die warme
Dusche stellen? Kann man wirklich ein solches Dasein als Gottgegeben hinnehmen
ohne aufzubegehren oder zu resignieren? Mag ja sein, dass es leichter möglich
ist, wenn jemand nicht den Erfahrungshintergrund mitbringt, der uns zu Eigen
ist, doch gibt es auch Menschen vor ihrer Tür, die im Luxus leben. Jedenfalls
muss ich immer wieder die Fröhlichkeit dieser Menschen bestaunen.
Trotzdem stellt sich die Frage: Ist eine Veränderung zugunsten
der einfachen Bevölkerung spürbar oder in Sicht? Dazu dürfen wir feststellen,
dass sich nach dem ersten Amtsjahr des neuen Präsidenten eine gewisse Tendenz
in diese Richtung zeigt, sind doch verschiedene Korruptionsskandale aufgedeckt
und Missstände beim Namen genannt sowie erste Schritte zur Behebung der
Probleme eingeleitet worden. Doch sind die Probleme immens und oft kaum zu bewältigen,
vor allem im Gesundheits- und Bildungswesen sowie auf dem Arbeitsmarkt. Wie
notwendig die berufliche Perspektive für Jugendlich ist, zeigt eine kürzlich
erhobene Statistik, die von der Frau des Präsidenten vorgestellt wurde, wonach
50% aller Mädchen unter 18 Jahren das erste Mal schwanger sind. Nach ihren
Aussagen verbauen sich diese Mädchen ihre berufliche und oft auch ihre gesundheitliche
Zukunft, weshalb sie sich für eine Verbesserung dieser Situation einsetzen
will. Immerhin doch ein Lichtblick für Veränderung.
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