3. Oktober 2021
Seit Freitagnachmittag sind wir wieder in Mapunda. Obwohl wir auch kurz vor dem Ziel nochmals einen Plattfuss einfingen (zum Glück haben wir immer zwei Ersatzräder dabei) ist die Reise gut verlaufen. Vergangenen Sonntag haben wir mit P. Abel noch eine interessante Exkursion in ein hinter dem Berg, knapp 30 km von der Missionsstation Tchinjenje entferntes Dorf gemacht. In der Schweiz würden wir sagen: es ist ungefähr dort angesiedelt, wo Fuchs und Hase einander „Gute Nacht“ sagen. Doch einer unserer Arbeiter erinnerte sich, dass vor einiger Zeit in den Fernseh-Nachrichten ein Beitrag von diesem Dorf gesendet worden sei, weil daselbst eine neue Schule und ein Gesundheitsposten errichtet worden seien. Und tatsächlich trafen wir auf ein neues Schulhaus, ein frisch renoviertes Administrationsgebäude und einen Gesundheitsposten, welcher allerdings nur aus dem leeren Gebäude bestand. Wenn du da draussen ernsthaft erkrankst, kannst du nur hoffen, dass dich ein Mofataxi nach Tchinjenje mitnimmt, wo du aber wahrscheinlich auch kein adäquates Tratamento erhältst, so dass dir schlussendlich nur deine eigenen Abwehrkräfte bleiben. Nebst den erwähnten Gebäuden sass auch ein Polizeibeamter vor dem ansässigen Polizeiposten. Interessant jedoch waren die auf Tafeln angebrachten Plakate, die den von der Regierung zur Verfügung gestellten finanziellen Betrag für die einzelnen Bauten beschrieben. Unsere Arbeiter haben bei diesen horrenden Summen nur verständnislos die Köpfe geschüttelt, weil sie mit diesem Geld das 3-4-fache hätten erstellen könnnen. Freilich ist wie üblich ein Grossteil dieser Beiträge in diverse private Taschen geflossen. Der TV-Beitrag habe auch noch ein im Bau befindliches kleines Schulgebäude auf halbem Weg gezeigt sowie ein in Stand gestelltes Strassenstück. Dabei sei ausdrücklich erwähnt worden, dass die Strasse nach Tchyaka, so der Name des besuchten Dorfes, nun in durchwegs in gutem Zustand sei, da sie eine Verbindung zu einer nach der Küste führenden Hauptstrasse darstelle. Bei dieser Reportage kam eine über einen kleinen Fluss führende gut ausgebaute Brücke ins Bild, welche dies veranschaulichen sollte. Tatsächlich aber war die Strasse bei unserem Ausflug zu mindestens einem Drittel in erdenklichem Zustand, obwohl sie im Strassenministerium in Luanda als asphaltiert abgelegt ist und die erwähnte Brücke die einzige gut passierbare auf der Strecke ist, während alle anderen Übergänge über die zurzeit meist trockenen kleinen Flussbette aus losen Brettern bestehen. Ebenso sind die Arbeiten beim kleinen Schulhaus nach Abzug der TV-Equipe eingestellt worden, so fehlen noch heute Verputz, Fenster und Türen wie auch die Inneneinrichtung. Wahrscheinlich ist das Geld sowohl für die Strasse wie auch das Schulgebäude oder die Inneneinrichtung des Sanitätspostens von Tchyaka längst aufgebraucht, sprich in die Taschen von Beamten und Bauunternehmern geflossen. Soviel zur transparenten Informationspolitik und Korruption.
Noch ein Abstecher zur hiesigen Gerichtsbarkeit. Gestern Morgen kam Tarcisio mit der Nachricht, dass am Abend noch vor 22 Uhr der Stabilisator im Pumpenhaus gestohlen worden sie. Nachdem er von einer Besprechung zurückgekehrt sei, habe er das Fehlen einer hinteren Aussenbeleuchtung bemerkt, welche an besagten Stabilisator angeschlossen ist. Nach Kontrolle des Sicherungskastens, wo alles intakt war, habe er im Pumpenhäuschen die durchgeschnittenen Kabel und das Fehlen des Stabilisators entdeckt. Zu erwähnen bleibt vielleicht, dass wir für grösseren Apparaturen wegen der häufigen Stromschwankungen Stabilisatoren benötigen. Da kürzlich auch der Stabilisator aus der zur Missionsstation gehörenden Kirche entwendet wurde und auch aus dem alten Stall an der Peripherie unseres Geländes ein Schwein verschwunden war, wurde alsdann ein zweiter Nachtwächter eingestellt, um das doch weitläufige Gelände zu einer besseren Überwachung aufzuteilen. Nachzutragen bleibt noch, wie man ein Schwein zum Schweigen bringt, damit es lautlos entwendet werden kann: man schlachtet es einfach an Ort und Stelle!!
Nun aber zurück zu den beiden Nachtwächtern vom Freitagabend; Tarcisio hat sie beide schlafend angetroffen, was ihn veranlasst hat, mit den beiden am Morgen auf den Polizeiposten zu fahren, da die Vermutung nahe lag, dass sie mit den Dieben unter einer Decke stecken, was hier eben oft geschieht. Die Polizei befand kurzerhand, dass die beiden für die Schäden die Verantwortung zu tragen hätten, was mit Gefängnis bestraft werden müsse. Tarcisio fand dies jedoch etwas übertrieben und schlug deshalb vor, dass die beiden für die Schäden finanziell aufkommen und den Dienst quittieren müssen, womit dann auch die Polizei einverstanden war. Den eigentlichen Dieb oder die Diebe zur ermitteln hätte für die Beamten wohl Mehrarbeit bedeutet und wurde deshalb fallen gelassen, denn beide Seiten wissen, dass die Nachtwächter um den Schaden zu begleichen auf den Dieb zurückgreifen müssen, dessen Identität ihnen wohl bekannt sein dürfte. Soviel zur lokalen Gerichtsbarkeit.
Administrationsgebäude von Tchyaka
Teilansicht vom Schulhaus
im Hintergrund Sanitätsposten
unfertiges Schulhaus auf halbem Weg
Teilansicht vom Dorf Tchyaka
Zum Schluss noch eine Anmerkung zur Schlangengeschichte. Es handelte sich nicht um eine Boa, sondern um eine Gabunvipper, in Mbundu: Chiboja.
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