Sonntag, 7. November 2021

 

7. November 2021 

Mit ein paar Begebenheiten und Schnappschüssen der vergangenen Woche möchte ich gerne einen kleinen Einblick geben in das Leben hier in Tchinjenje. 

In Angola wird der erste Freitag im Monat im kirchlichen Bereich besonders begangen. So pilgern auch hier zur Missionsstation Menschen aus verschiedenen umliegenden und auch weiter entfernten Siedlungen bereits am Donnerstagnachmittag hierher, um für einige Zeit an der Gebetsnachtwache teilzunehmen. Wie an andern Festtagen werden überall Schlaf- und Feuerstellen eingerichtet und es herrscht ein buntes Treiben. Am Freitag nach dem Gottesdienst machen sich die meisten mit ihrer spärlichen Habe auf dem Kopf wieder auf den Heimweg. Willi war zufällig ebenfalls am Freitagvormittag nach dem ca. 30 km entfernten Ukuma unterwegs, welches am Fuss der von der Mission gegenüberliegenden Hügelkette liegt. Kurz nach der Mission traf er auf zwei sich auf dem Heimweg befindende Männer, die sehr dankbar die sich anbietende Mitfahrgelegenheit wahrnahmen. Aus dem Gespräch ergab sich, dass die beiden für die Hinreise einen 12-stündigen Fussmarsch in Kauf genommen hatten und sich nun überaus glücklich schätzten, von Ukuma aus „nur noch“ einen 3-stündigen Marsch auf den Hügel vor sich zu haben. 

Bei einem solchen Anlass nützen einige oft auch Gelegenheit, etwas zum Verkauf anzubieten. So traf ich auf eine Frau, die selbst gestrickte Bébé-Käppchen und Bébé-Finklein verkaufte. Ich staunte über die Perfektion, während die Frau mich um Wolle bat, da es in Angola leider kaum Wolle zu kaufen gebe und wenn, dann sehr teuer. Auf die Frage, woher sie denn das Material beschaffen habe, erklärte sie mir, dass sie auf dem lokalen Markt grosse Secondhand—Wollpullover erstehe, welche sie dann auftrenne, die Wolle wasche und so weiter verarbeite! 

Manchmal kommen auch Leute vorbei, um Bananen zu verkaufen. Unsere Arbeiter vertilgen tonnenweise davon! Diese Woche kam eine Frau mit einem Becken voll Orangen, welche jedoch in Farbe und Grösse eher Zitronen glichen, eine Folge von fehlendem Regen während dem Reifungsprozess. Auch einer unserer seriösen Arbeiter stand dem Kauf eher skeptisch gegenüber und meinte: nimm einfach ein wenig. Irgendwie hatte ich das Gefühl, die Frau sei auf den Verkauf angewiesen und nahm dann doch etwas mehr. Vor lauter Freude fiel die Verkäuferin mir und gleich auch dem Arbeiter um den Hals vor lauter Freude. Wahrscheinlich konnte sie mit dem Erlös Maismehl für die nächste Mahlzeit kaufen. Sie war so dankbar, wie auch meine Waschfrau, welcher ich ebenfalls etwas mehr als üblich bezahlte und die strahlend meinte, dass sie gleich nach der Arbeit Maismehl kaufen werde, welches so sehr fehle. 

Einmal wurde ich von der Arbeit weggerufen, weil eine Frau mit zwei Kindern nach mir verlangte. Sie hielt mir zwei Rezeptzettel hin, einen für das Kleine, das sie auf dem Rücken trug, den andern für den 11-jährigen Sohn, den ich aber nur auf 8 Jahre schätzte (wahrscheinlich wegen Mangelernährung). Da die Rezepte in Tchinjenje ausgestellt worden waren, fragte ich sie etwas schockiert, ob sie denn den weiten Weg für die Konsultation nach Tchinjenje und hierher zurückgegangen sei, was sie bejahte. Freilich war auf beiden Zettel nebst Wurmmittel und Vitaminen eine Malaria-Therapie verordnet. Leider hatte ich letztere nur noch für das Kleinkind, dem Knaben konnte ich stattdessen nur ein fiebersenkendes Mittel geben. Wie sich im Gespräch herausstellte, hatte die gute Frau mit beiden Kindern jetzt noch den Weg über den Berg vor sich. So gab ich ihr denn wenigstens eine Flasche Wasser und Bananen und Brot mit. Solche Situationen bringen mich selbst dann auch etwas an den Anschlag, nebst der Arbeit hier, die uns doch auch ziemlich fordert, aber auch aufstellt, wenn wir wieder ein Etappenziel erreicht haben. 

Noch fast vergessen hätte ich den 2. November. Die Regierung hat daraus einen Feiertag gemacht zum Gedenken der ums Leben gekommenen Kriegssoldaten. So hatten wir denn eine schlichte, aber eindrückliche Feier auf unserem ehemaligen Spitalfriedhof, der nun total von Sträuchern und Bäumen durchsetzt ist. Allerdings galt unsere Feier nicht im Besonderen den verstorbenen Soldaten, sondern es war wie in der Schweiz am 1. November eine Gedenkfeier für die Verstorbenen.

Frau auf dem Heimweg von der Feldarbeit
                                                im Gehen stillt sie ihr Kind                                                


Kochstelle und Abwaschbecken

moderne afrikanische Küche

Interner, der Abwaschämtchen hat

kleine Bananenverkäuferin

ehemaliger Spitalfriedhof

Gedenkgottesdienst auf dem Friedhof

schon früh in die Arbeit eingebunden

 

 

 

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