13. November 2022
Stahlblauer Himmel, strahlender Sonnenschein, seit Tagen keinen Tropfen Regen, welcher doch lebensnotwendig wäre für die vor einiger Zeit ausgebrachte Saat. Wenn der nötige Niederschlag nicht bald einsetzt, verdorrt die Saat und es bleibt den Menschen in dieser Region nur eine wiederholte Aussaat nach einem zukünftigen Regen irgendwann und die Hoffnung, dass das ganze Prozedere nicht nochmals vergebens ist. In allzu vielen steckt noch die Erinnerung an den Hunger im vorigen Jahr und von der Regierung ist ja kaum Hilfe zu erwarten. Die Prognose für Afrika sieht ja generell nicht allzu rosig aus. Mit der Bevölkerungsexplosion, dem Umweltproblem, und der gewaltigen Verschuldung und Abhängigkeit, vor allem von China und der immer noch existierenden Korruption ist es für ein Land schwierig, sich zum Positiven zu entwickeln. In diesem Zusammenhang stellt sich manchmal schon die Frage, was machen wir eigentlich hier?
Sicher können wir nicht bewirken, dass das Land sich in eine andere Richtung entwickelt, aber vielleicht doch punktuell Menschen zu einem etwas menschenwürdigerem Dasein verhelfen, wenn es uns verschiedentlich möglich ist, Menschen medizinische Hilfe zukommen zu lassen, oder Jugendliche in ihrer Ausbildung zu unterstützen. Auch erleichtert es verschiedenen Missionsstationen ihre Arbeit, wenn ihre Infrastruktur (Wasser und Strom) wieder funktioniert und sie dadurch auch Kindern in einem eigenen Internat den Schulbesuch ermöglichen oder eine Krankenstation betreiben können. Zu erwähnen ist vielleicht auch, dass die Arbeiter, die unter der Anleitung von Willi die verschiedenen Renovationsarbeiten durchführen, sich bereits zu recht selbständigen Handwerkern entwickelt haben, was ihnen erlaubt, auch künftig ihre Familien besser zu unterstützen.
So dürfen wir auch immer wieder positive Überraschungen erleben. Ein schönes Beispiel ist Tiago. Als Teenager hat er einmal einen Nähkurs bei mir besucht. Anschliessend hat er das Studium zum Lehrer aufgenommen. Eines Tages stand er vor der Tür und fragte, ob er etwas nähen könne. Ich war gerade anderweitig beschäftigt und liess ihn wissen, dass momentan auch kein Kurs stattfinde. Er erklärte dann, dass er es nicht so gemeint habe; er würde mir gerne eine Näharbeit abnehmen, da er gerade Semesterferien habe. Zum Glück bin ich darauf eingestiegen und war mehr als erstaunt, wie geschickt er das Handwerk beherrschte und welche Kreativität er an den Tag legte. Anschliessend kam er öfters vorbei und bewies seine Fähigkeiten, so dass ich ihm eine Nähmaschine schenkte für selbständige Arbeiten. Während der Pandemiezeit verlor ich ihn etwas aus den Augen und traf nach unserer Rückkehr nach Angola einen etwas gebrochenen jungen Mann an. Wie er mir erzählte und wie ich glaube schon einmal in einem Bericht erwähnt habe, wurde er eines Tages auf dem Heimweg überfallen und brutal zusammengeschlagen, so dass er mehrere Monate mit verschiedenen gebrochenen Wirbeln im Spital lag. Wir haben ihm dann zu neuerer Brille und neuem Handy verholfen und ihn auch weiterhin unterstützt. In der Zwischenzeit hat er seine Ausbildung zum Lehrer mit einem Jahr Verspätung abgeschlossen, jedoch vorläufig in diesem zentralistischen System noch keine Anstellung erhalten. So hat er sich ganz auf das Nähen konzentriert und eine eigene Kleiderkollektion hergestellt. Seit kurzer Zeit konnte er sich in einem Grossraum eines Supermarktes einmieten, wo verschiedene Künstler ihre Produkte anbieten. Unser Freund in London hat Tiago zufällig im Facebook entdeckt und angeboten, ihn in seinem start up zu unterstützen. Einfach genial!
Übermorgen fliegen wir nach Luanda, um am Mittwochabend weiter über Frankfurt nach Zürich zu reisen. Wir melden uns wieder auf diesem Weg Mitte Januar und wünschen an dieser Stelle jetzt schon allen frohe Festtage und ein gesegnetes 2023.
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